hauskreis4

Sonnenuntergang1

 


Leseprobe aus: Pro Christ wohin?

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1. ProChrist – Die Veranstaltung . . . . . . . . . . . . 11
2. Die große ökumenische Allianz . . . . . . . . . . . 14
3. Eine biblische Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4. Globale Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
5. Inhaltliches: Evangelisation / Evangelium . . . 23
5.1. Die biblische Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5.2. Die ProChrist-Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6. Hintergründe der Organisatoren . . . . . . . . . . 50
6.1. Billy Graham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6.2. Evangelische Allianz . . . . . . . . . . . . . . . . 52
6.3. Ulrich Parzany / CVJM . . . . . . . . . . . . . . . 53
7. Verzahnung: Welches Rad treibt welches an? . 55
8. Fazit und Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
9. Schlussendlich: Noch eine Warnung . . . . . . . 80
10. Nachwort von Wolfgang Bühne . . . . . . . . . . . . 83
11. Literaturliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Vorwort des Verfassers

Die hier vorliegenden Gedanken richten sich vor allem an Gemeindeleiter und diejenigen, denen das Wohl der Gemeinde Jesu am Herzen liegt. Wenn ich heute gefragt werden würde, warum ich diese Zeilen veröffentliche, könnte ich darauf nur eine Antwort geben:
Ich möchte zur Wachsamkeit aufrufen und auf eine offensichtlich weithin nicht gesehene Gefahr aufmerksam machen. Es obliegt den Gemeindeleitern und Hirten, ihre Gemeinden zu schützen vor den Gefahren der Endzeit, in der wir uns ganz offensichtlich befinden.

Ich erspare mir alle Zurückweisung von Angriffen gegen die folgenden Gedanken (die im Übrigen schon vor mir geäußert worden sind) und überlasse es dem Leser, sich seine eigene Meinung zu bilden. Diese Schrift richtet sich nicht gegen Geschwister oder Gemeinderichtungen, wohl aber gegen die unkritische Übernahme von populären Ansichten über Gemeindeleben und Evangelisation. Im Trend der Zeit zu liegen ist nicht in jedem Fall ein gutes biblisches Qualitätsurteil. Auch dann nicht, wenn die Verweigerung populistischer Ansichten aus biblischen Erwägungen heraus eine Gemeinde oder einzelne Christen in die Sekten-Ecke befördert.

Wenn Gottes Wort uns nicht vor den Gefahren in der Endzeit warnt, wenn es nicht zur Unterscheidung der Geister aufruft, wenn es die Hirten nicht auffordert, die Herde zu schützen, wenn es nicht dazu aufruft, keine gemeinsame Sache mit den Ungläubigen zu machen und mir das jemand anhand der Schrift nachweisen kann, werde ich verstummen und das Büchlein aus dem Verkehr ziehen. Ich werde dann auch bei den Lesern dieser Schrift wegen meiner Vermessenheit um Vergebung bitten. So lange man mich aber nicht anhand der Bibel widerlegen kann, werde ich nicht schweigen.

In der vorliegenden Studie geht es zwar um eine Veranstaltung, dennoch sind es ja Menschen, die als Initiatoren und Organisatoren die Veranstaltungen planen und durchführen. Diesen allen spreche ich weder ihren Glauben noch ihre persönliche Hingabe an den Herrn ab. Wenn ihre Arbeit aus guter Überzeugung und lauterem Herzen geschieht, werden sie diese Schrift auch nicht als Angriff auf ihre Person werten. Sie werden an der Bibel prüfen, was der Wahrheitsgehalt der Schrift ist und ggf. ihre Konsequenzen ziehen oder mich korrigieren. Das ist meine Bitte und mein Gebet.

Und so befehle ich diese Zeilen dem Segen Gottes an, der alles in Seiner Hand hält und an dessen Erbarmen es liegt, dass wir noch nicht ganz am Ende sind. Möge die Schrift zu einem neuen Erschrecken über das Ausmaß der Verführung anregen, die in der Christenheit um sich greift.

Ich danke meinem lieben Freund Sven Siemering, der das Manuskript mehrfach durchgelesen und korrigiert hat und widme diese kleine Schrift allen Geschwistern, die sich ihrer Verantwortung vor dem lebendigen Gott bewusst sind; besonders aber meiner kleinen Heimatgemeinde in Worpswede mit dem Wunsch, dass sie dem Herrn treu bleibt.

ProChrist – Die Veranstaltung

Die Großveranstaltung ProChrist findet im Jahr 2003 vom 16. – 23. März in der Gruga-Halle in Essen statt und wird wie in den Jahren zuvor per Satellit in viele deutsche und europäische Städte live übertragen. Seit Beginn 2002 werden Gemeindeseminare angeboten; hauptsächlich im April sowie August/September 2002 laufen die Schulungskurse für die Veranstaltung, die sich vor allem an Pfarrer, Pastoren, Prediger, Hauskreisleiter, Diakone und so genannte Multiplikatoren richten. Am 16. und 17. November 2002 wird der Kongress »ProChrist-Impulse« als Vorbereitungskongress in viele Gemeinden übertragen.

Wenn wir von »ProChrist« hören, denken wir im Normalfall an eine bunte, gut organisierte und biblisch fundierte Evangelisation mit einem begabten Prediger an der Spitze und einer großen Anzahl von Zuhörern und Zuschauern. Glaubensgemeinschaften finden sich friedlich zusammen, um gemeinsam das Evangelium den kirchenfremden Menschen in unserem Land und in Europa zu verkündigen.

Nachdem im Jahr 1993 durch Billy Graham die Pro-Christ-Bewegung in Deutschland Fuß gefasst hat, wird sie seitdem in der Hauptsache durch die Deutsche Evangelische Allianz (DEA), die Lausanner Bewegung Deutscher Zweig und den Hauptredner Ulrich Parzany, der in Deutschland dem Christlichen Verein junger Menschen (CVJM) vorsteht, vorangetrieben. Beteiligt sind an der Vorbereitung und Durchführung der Großveranstaltung neben den eben genannten Organisationen und Personen beide in Deutschland vertretenen Volkskirchen (evangelische und katholische), der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, der Bund Evangelischer Freier Gemeinden (BEFG), der Bund Freier Evangelischer Gemeinde (FEG) sowie alle mit diesen Organisationen verbundenen Teilkirchen und Gemeinden.

Die Veranstaltung ProChrist ist keine Einzelaktion; sie ist eingebettet in weitere Veranstaltungen:

 Lausanner Bewegung
 Jesus-Marsch 2000
 AD 2000
 Jesus House (für Kinder und Jugendliche)
 Evangelisationsveranstaltung im Rahmen von Expo 2000
 Explo
 Christival 2002
 Ökumenischer Kirchentag 2003
 Jahr der Bibel 2003
 Der Alpha-Kurs (Trainingsprogramm, genutzt von nahezu allen Kirchen und Gemeinden)
 Willow Creek
 weitere Treffen und Veranstaltungen auf regionaler und örtlicher Ebene

und wird von ihren Betreibern ausdrücklich als eine Bewegung, nicht als einmalige Veranstaltung beschrieben und gesehen (Konzeptheft für »ProChrist 2000«). Unter »Einbettung« verstehe ich hierbei nicht in jedem Fall ein gemeinsames Komitee oder im Einzelnen nachweislich aufeinander abgestimmte Pläne (bei vielen Veranstaltungen ist dies aber durchaus der Fall), sondern in der Hauptsache ein Zusammenlaufen mehrerer Strömungen (s. Kap. 7, »Verzahnung«). Es wird deutlich betont, dass die gemeinsam betriebene Arbeit auch nach den eigentlichen Veranstaltungen fortgeführt werden soll. Auf die Verzahnung der einzelnen Aktionen miteinander soll an späterer Stelle noch näher eingegangen werden.

Auffallend ist beim ersten Hinsehen, dass dem Konzept und der Durchführung kaum widersprochen wird. Wenn doch, so höchstens am Rande und dann auch nur sehr leise – im Gegensatz zum lautstarken Lob. An Lob für die Veranstaltung mangelt es nicht:
Christliche und politische Gruppen aller Couleur werden nicht müde, die Vorzüge von ProChrist für Gesellschaft und Kirche zu preisen und so für die Veranstaltung und eine rege Teilnahme daran zu werben. Aus diesem Grunde werde ich mich darauf beschränken, die schattigeren Seiten der Bewegung zu beleuchten und die Darstellung der positiven Seiten hier außer Acht zu lassen. Kritiker werden mir an dieser Stelle vielleicht Einseitigkeit und Desinteresse an der Sache Jesu vorwerfen; wer allerdings diese Schrift bis zum Ende durchliest, wird merken, dass dies ein zu schneller Schluss wäre.

Die große ökumenische Allianz

ProChrist wird in der Hauptsache von der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), der Lausanner Bewegung Zweig Weltmission, dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) und, allen übergeordnet, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vorangetrieben. Hauptverantwortlich für die technische Meisterleistung ist der Evangeliumsrundfunk Wetzlar (ERF), welcher der DEA angegliedert ist. Als Einzelpersonen treten vor allem der amerikanische Evangelist Billy Graham, der Generalsekretär des CVJM, Ulrich Parzany , und der Leiter der DEA, Hartmut Steeb, in Erscheinung. Während sich bei der ersten ProChrist-Veranstaltung 1993 in Essen die Landeskirchen noch auffallend zurückhaltend äußerten, änderten sie zunehmend ihre Meinung und beteiligen sich nunmehr auf zahlreichen Ebenen bei der Vorbereitung und Durchführung der Treffen und nehmen auch die begleitenden Veranstaltungen (Christival, Spring 2000, AD 2000, Explo, Sonderveranstaltung bei der Expo 2000 sowie die Kirchentage) als willkommene Gelegenheiten wahr, den Rückgang der Besucherzahlen bei ihren Gottesdiensten sowie ihrer Mitgliederzahlen aufzuhalten und die parallel laufenden Ökumene-Bestrebungen zu beleben.

Bei all dem fällt auf, dass beide großen Kirchen offenbar wenig Probleme damit haben, diese Veranstaltungen zu unterstützen und sich mit deren Zielen und Aussagen zu identifizieren. Da sich sowohl die evangelische Kirche mit ihrer Tauf-Wiedergeburtslehre als auch die katholische Kirche mit ihrer Lehre von den Sakramenten und der Notwendigkeit der Mitgliedschaft in ihrer Kirche von dem Heilsverständnis der evangelikalen Gemeinden unterscheiden müssten, dürfte eine derartige Allianz eigentlich nicht möglich sein – von beiden Seiten müsste hier ein Veto kommen. Tut es aber nicht. Und genau das sollte uns hellhörig machen. Haben die Kirchen ihr Verständnis von der Erlangung des Heils geändert oder ist das bei Pro-Christ verkündigte Evangelium so verwässert, dass es sogar von den Kirchen akzeptiert werden kann? Und wenn ja: wo und an welcher Stelle?

Es ist nicht gerade unwesentlich, dass Billy Graham vor der ersten ProChrist-Veranstaltung sich in Rom erst den Segen des Papstes holte. Auffällig sind auch die extrem starken Bemühungen sowohl von Billy Graham als auch von Ulrich Parzany, dem CVJM und der DEA unter der Schirmherrschaft der ACK um die Vereinigung »aller christlichen Kräfte« (Ökumene) zum Zwecke der Evangelisierung Europas und der Welt. Was sich auf der Lehrebene nicht zusammenführen lässt, muss eben mittels der gemeinsamen Verkündigung des Evangeliums zwangsweise zusammengebracht werden. Wesentliche Eckpunkte hierfür wurden durch eine Vereinbarung in den USA (Evangelicals and Catholics together) und dem deutschen Pendant (Gemeinsame Erklärung zu Rechtfertigungslehre), in der sich beide »Kirchen« dazu verpflichteten, einander keine Mitglieder abzuwerben, gesetzt. D. h. man erkennt sich gegenseitig als Christen an, die das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Evangelisierung der Welt. Auf der missionarischen Ebene hat es dabei die evangelische Kirche in Deutschland geschafft, über die ACK und die DEA die evangelikalen und vormals bibeltreuen Gemeinden mit ins Boot in Richtung Rom zu ziehen.

Wie geht es weiter? Es ist nicht zu erwarten, dass die einmal begonnene Entwicklung umkehrbar ist. Das ist auch offensichtlich von niemand gewollt. Der Ökumenische Kirchentag 2003, das Bibeljahr 2003 und Pro-Christ 2003 sind fest geplant. Es gibt bereits umfangreiches Vorbereitungsmaterial sowie Mitarbeiterschulungen. Aus den Prospekten und Konzeptheften zu den Veranstaltungen geht hervor, dass sich nahezu alle katholischen und evangelischen Kirchen sowie freikirchlichen Gruppierungen beteiligen werden (siehe hierzu beispielsweise das »Ideenheft« der Jahresgroßveranstaltung »2003 – Das Jahr der Bibel«). Für diejenigen, die sich an den Veranstaltungen nicht beteiligen oder sie gar kritisieren, wird es wohl bald schwer werden, dies zu begründen. Folgendes Zitat der ACK mag uns einen Vorgeschmack geben auf den zukünftigen Umgang mit »Querulanten«:

»Allerdings fällt es den freien Gemeinden und denjenigen Werken, die sich keinem Dachverband anschließen wollen, selbst als Aufgabe zu, durch eine angemessene Außendarstellung falsche Eindrücke zu vermeiden und unberechtigte ›Sektenkritik‹ abzuwehren. Diese Aufgabe wird immer dringlicher, da es gerade unter den vielen freien Werken und Gemeinden immer wieder auch Fehlentwicklungen gibt, die mit Recht als sektiererisch kritisiert werden.«

Was das im Klartext heißt, lesen wir unter anderemhier:

»Für die Gesellschaft stellt deshalb die Einbindung in ökumenische Verbände, Dachorganisationen und andere Zusammenschlüsse einen wichtigen praktischen Hinweis dar, dass man es mit einer partnerschaftlich eingestellten, seriösen Kirche oder Gemeinde zu tun hat« (http://www.kirchen.de/ack/untersch.html).

Das heißt doch im Umkehrschluss, dass die Gemeinden, die keinem der ökumenischen Verbände angehören, nach dieser Definition keine »partnerschaftlich eingestellte, seriöse Kirche oder Gemeinde«, also Sekten im klassischen Sinne sind. Der Gemeinde des Verfassers liegt ein Fragebogen der EZW (Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen Berlin) vor. Erfragt werden neben detaillierten Auskünften über Einzelpersonen (Leitung) auch die Mitarbeit und Anbindung an die ACK, die DEA und bei den Ökumenischen Gruppen und Kirchen. Noch sind derartige Befragungen nicht zwingend zu beantworten. Was aber, wenn auch in Deutschland vereinzelte religiöse Gruppen »am Rad drehen« und aggressiv gegen eigene Anhänger oder ihre Umwelt vorgehen? Wird dann die Auskunft über Gemeindeinterna per Gesetz erzwungen? Es könnte also eng werden für freie Gemeinden, die sich einer Einbindung in einen Dachverband verschließen oder die gar ökumenischen Großveranstaltungen ablehnend gegenüberstehen.

Ich habe wenig Hoffnung, dass sich Gemeinden, die dem Bund der Freien Evangelischen Gemeinden (FEG) oder dem Bund Evangelischer Freikirchlicher Gemeinden (BEFG, Baptisten und »offene« Brüder) angeschlossen sind, noch wirklich warnen lassen. Zu lange schon sind sie über die DEA und die ACK auf die ökumenische Linie eingeschworen worden. Ich habe den Eindruck, dass durch die von den Dachverbänden zugewiesenen Pastoren ohnehin die Eigenverantwortung der Einzelgemeinden stark reduziert wird und biblische Leitung durch Älteste sehr schwer sein dürfte. Mit einem wehen Herzen sehe ich aber die Entwicklung der ehemals »exklusiven« Brüder, die sich jetzt nach Beendigung ihres »Dornröschenschlafes« nach neuen Wegen und Gemeindestrukturen umsehen müssen. Dieses Unterfangen ist sicher kein leichtes. Mit alten Traditionen zu brechen und sich gleichzeitig um eine biblische Ausrichtung zu bemühen ist bestimmt ein kompliziertes und gefahrvolles Unternehmen. Leider ist aber teilweise schon jetzt eine Fehlentwicklung absehbar: die ziemlich unkritische Annährung an Gemeinden, die ProChrist maßgeblich vorantreiben. Gerade diesen Geschwistern, die auch einen Blick für Evangelisation hatten, sei deshalb diese Schrift ans Herz befohlen! Es gibt auch Evangelisation ohne ProChrist! Die folgende Ausarbeitung gibt einige Einblicke in das Geschehen hinter den Kulissen. Die hier aufgeführten Argumente sollten nicht ohne wichtigen Grund ignoriert werden.

Eine biblische Warnung

Für einen geeigneten Einstieg in das Thema ProChrist zitiere ich aus dem Matthäusevangelium im 16. Kapitel in der Übersetzung nach Eugen Schlachter:

Und die Pharisäer und Sadduzäer traten herzu, versuchten ihn und baten, dass er ihnen ein Zeichen aus dem Himmel zeigen möchte. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Am Abend sagt ihr: Es wird schön; denn der Himmel ist rot; und am Morgen: Heute kommt ein Ungewitter; denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler, das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber nicht! Das böse und ehebrecherische Geschlecht fordert ein Zeichen; aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des Propheten Jona. Und er verließ sie und ging davon (Mt. 16,1-4).

In der Beurteilung der Zeichen der Zeit hatten die Pharisäer und Sadduzäer kein intellektuelles Problem, sondern einen Herzensfehler: Sie wussten darum, dass zu ihrer Zeit der Messias kommen würde, wollten aber den, der dann kam, aufgrund ihrer Herzenshärtigkeit nicht annehmen. So verpassten sie die Chance ihres Lebens, Frieden für ihre Seelen zu finden und ihrem Heiland und Gott in der rechten Weise zu begegnen.

Übertragen wir den Vorwurf Jesu auf die heutige Zeit, müssen auch wir uns fragen lassen, ob nicht in unserer Zeit ebenfalls Zeichen da sind, die uns sehr hellhörig machen müssen. Eines dieser Zeichen ist die zunehmende Globalisierung auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen. Zumindest dieser Umstand sollte uns zu Daniel und seinem vierten Tier bringen (Dan. 7,7). Die meisten Ausleger sind sich darüber einig, dass es sich bei diesem letzten, endzeitlichen Tier um ein weltumspannendes Reich handeln würde. Und erst in den letzten 50 Jahren ist es aufgrund der technischen Errungenschaften wirklich möglich geworden, ein solches Reich aufzurichten.

Globale Überlegungen

Die Welt rückt zusammen – und das nicht erst seit gestern. Fernschreiber, Telegraphen, Stahlschiffe und Flugapparate machten es bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts möglich, Waren, Wissen und Militär in relativ kurzer Zeit an jeden beliebigen Ort der Erde zu transportieren. In vielen Zusammenhängen hören wir etwas vom »globalen Dorf«. Für Wirtschaft und Politik bedeutet das, dass strategische Entscheidungen immer im Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen mindestens der Nachbarstaaten, häufig aber auch der gesamten Weltsituation geprüft und abgewogen werden müssen. Hier aber zeigt sich – vielleicht auch wegen der gigantischen Ausmaße und der großen Vielschichtigkeit – die Unfähigkeit des »normalen« Menschen, die Ereignisse und politischen Entscheidungen im eigenen Dorf, der Stadt oder dem eigenen Land – geschweige denn die Vorgänge in anderen Erdteilen – in diesem globaleren Zusammenhang zu erkennen und richtig einzuordnen. Politische Entscheidungen und gesellschaftliche Ereignisse werden – vor allem auch durch die Medien – meistens nur danach beurteilt, welche unmittelbaren Folgen sich daraus für uns als Einzelpersonen ergeben. Kann ich mir meinen zweiten Urlaub noch leisten? Bin ich von einer Lebensmittel- Verseuchung betroffen? … Größere Zusammenhänge der Ursachen und der angestrebten Ziele werden kaum noch wahrgenommen, geschweige denn gründlich bedacht und diskutiert. Lokale Ereignisse sind aber häufig erst in diesem Globalisierungsgeschehen verstehbar und dürfen auch nicht aus diesem Zusammenhang herausgerissen werden, sollen sie noch einen Sinn ergeben. Es würde hier zu weit führen, die zum Teil tragischen politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Geschehnisse näher unter diesem Gesichtspunkt zu beleuchten. Dem politisch wachsamen Menschen werden jedoch seit Jahrzehnten Ungereimtheiten auffallen, die nur in einem größeren, weltumspannenden Zusammenhang einen Sinn ergeben. Und: es ist zu befürchten, dass Politiker aller Parteien, Wirtschaftsvorstände, Gewerkschaftsbosse und Religionsoberhäupter aus gutem Grund die wahren Ziele ihres Handelns verborgen halten.

In diesem Sinne muss auch eine Großveranstaltung wie ProChrist in ihrem globaleren Zusammenhang betrachtet werden. Wie bereits oben geschildert ist Pro-Christ als Prozess eingebettet in viele weitere Aktionen, die man in ihrer Gesamtheit getrost als Bewegung bezeichnen kann. Es scheint so, dass weltliche Vereinigungsbestrebungen parallel zu religiösen Einigungsbestrebungen laufen. Aber wohin? Wir wollen uns daher die Wurzeln der Veranstaltung, die Herkunft und Einbindung der verantwortlichen Personen und Organisationen sowie die Einbindung der Aktion in andere Veranstaltungen betrachten, um uns einen Sachstand zu erarbeiten, der uns zu einer fundierten Beurteilung von ProChrist und anderen Evangelisationsmaßnahmen verhelfen soll.

Inhaltliches:
Evangelisation / Evangelium

Evangelisation ist in erster Linie die Verkündigung des Evangeliums. Gemeint ist die »Frohe Botschaft von der Versöhnung mit Gott durch Jesus Christus«. Wenn wir die Berechtigung einer Evangelisation überprüfen wollen, müssen wir zuerst die biblische Aussage über das Evangelium definieren, die Aussagen der Evangelisation ausarbeiten und beide Aussagen einander gegenüberstellen. Diesen Auftrag zur Prüfung finden wir unter anderem im 1. Thessalonicher 5,21, wo es heißt:

 »… prüfet aber alles. Das Gute behaltet …«

Stimmen beide Aussagen überein, hat die Evangelisation prinzipiell ihre Berechtigung. Stimmen sie nicht überein, müssen wir am Wort Gottes prüfen, was es hierzu zu sagen hat.

Beginnen wir mit dem Letzteren. An dieser Stelle wird sich nämlich zeigen, ob eine solche Überprüfung überhaupt einen Sinn macht. Wenn es egal ist, wie das verkündete Evangelium beschaffen ist, brauchen wir ja den Aufwand nicht zu betreiben. Ist es dagegen nicht egal, haben wir die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Mich wundert, dass ihr so schnell übergehet von dem, der euch durch Christi Gnade berufen hat, zu einem anderen Evangelium, so es doch kein anderes gibt; nur sind etliche da, die euch verwirren und das Evangelium Christi verdrehen wollen. Aber wenn auch wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas anderes als Evangelium predigen würde außer dem, was wir euch verkündigt haben, der sei verflucht! Wie wir zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wiederum:
Wenn jemand euch etwas anderes als Evangelium predigt außer dem, das ihr empfangen habt, der sei verflucht! (Gal. 1,6-9).

Diese Worte sind recht klar und sagen erst einmal aus, dass es zu Zeiten der Urgemeinde bereits Menschen gegeben haben muss, die daran interessiert waren, die Kernaussagen der Bibel über die Errettung, also das Evangelium, in irgendeiner Weise zu verändern. Paulus ist in seiner Einschätzung deutlich: »Der sei verflucht!« Ganz offensichtlich hat Paulus ein ernsthaftes Problem mit der Verfälschung oder Verdrehung der biblischen Lehre von der Errettung durch Gott. Wie aber sieht es jetzt mit der »übrigen« Lehre aus? Sehen wir also noch ein bisschen weiter:

Wer darüber hinausgeht und nicht in der Lehre Christi bleibt, der hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat den Vater und den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, den nehmet nicht auf in euer Haus und grüßet ihn nicht! (2. Joh. 1,9-10).

Es scheint ganz offensichtlich ebenso wichtig zu sein, sich mit der richtigen Lehre auseinanderzusetzen. Johannes ist dies so ernst, dass er den Christen sogar verbietet, Menschen mit einer anderen als der biblischen Lehre auch nur zu grüßen oder sie in ihr Haus aufzunehmen. Menschen, die sich zusammentun, um gemeinsam mit Menschen anderer christlicher Gruppen das Evangelium zu verkünden, müssen sich also gut darüber informieren, ob das, was sie da gemeinsam verkünden, auch dem biblischen Evangelium entspricht. Genauso wichtig aber scheint zu sein, dass der Partner auch außerhalb der Evangelisation biblische Lehre lehrt: »Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, den nehmt nicht auf in euer Haus und grüßt ihn nicht!«

So ist es also wichtig, sich mit den Inhalten der Evangelisationsveranstaltung auseinanderzusetzen. Ebenso muss man nach dem eben gesehenen erkennen, dass die »übrigen« Lehrinhalte der beteiligten Gruppen nicht egal sein können und ebenfalls unter die Lupe genommen werden müssen. Es geht in dieser Untersuchung um die Evangelisationsveranstaltung »ProChrist«. Wir beginnen also damit, die Inhalte von ProChrist dem biblischen Evangelium gegenüber zu stellen.

5.1. Die biblische Seite

Aus Ehrfurcht vor Gott und Seinem Wort wollen wir als Erstes sehen, was Gott uns durch die Apostel zum Thema Evangelisation zu sagen hat.

5.1.1. Unsere Situation

Gibt es Menschen, die nicht von der Sünde betroffen sind und die für sich beanspruchen können, keine Vergebung ihrer Schuld vor Gott nötig zu haben?

Wie nun? Haben wir [d. h. die Juden gegenüber den Griechen bzw. Heiden] etwas voraus? Ganz und gar nichts! Denn wir haben ja vorhin sowohl Juden als Griechen beschuldigt, dass sie alle unter der Sünde sind (Röm. 3,9).

Das ist unser Ausgangspunkt: Alle Menschen sind unter der Sünde und ermangeln der Herrlichkeit Gottes.

Denn es ist kein Unterschied: Alle haben gesündigt und ermangeln der Herrlichkeit Gottes (Röm. 3,23).

Wenn alle Menschen gesündigt haben und der Herrlichkeit Gottes ermangeln, gibt es dann überhaupt jemanden, der nicht durch dieses Raster fällt? Was ist aber mit der Liebe, die Gott zu den Menschen hat? Liebt Gott die Menschen nicht mehr, weil sie in Sünde leben? Der Mensch ist doch nach Gottes Ebenbild geschaffen. Und deshalb muss Er die Menschen doch auch lieben – sie sind Sein Ebenbild!? Das jedenfalls ist eine weit verbreitete Ansicht vieler Christen. Wenn wir aber genau hinsehen, erkennen wir, dass dies nur für die ersten Menschen Adam und Eva galt. Nachdem nämlich die beiden auf Anraten der Schlange gegen Gott und sein Gebot rebellierten, verloren sie ihre Gottebenbildlichkeit. Die Menschen, die danach geboren wurden, wurden Adams Ebenbild gleich (1. Mose 5,1-3) – nicht Gottes Ebenbild! Und Adam war nicht mehr Gottes Ebenbild, weil er durch die Sünde entstellt war! Sicher sind noch Spuren der ursprünglichen Schöpfung zu entdecken (wie z. B. die Fähigkeit zu lieben, zu denken, zu planen etc.) – aber Ebenbildlichkeit Gottes konnten nur Adam und Eva vor dem Sündenfall vorweisen. Somit ist die Liebe Gottes nicht so zu verstehen, als liebte Gott die Menschen pauschal einfach deshalb, weil sie vielleicht liebenswert wären oder wegen ihrer angeblichen Gottebenbildlichkeit, sondern Er liebt sie als nicht-liebenswürdige, verlorene Menschen, indem Er den Zorn, der ihnen gilt, auf sich selbst lud. Diese Liebe gilt allerdings nur denen, die auf diese unverdiente Gnade eingehen (siehe unten). Wie könnte Gott sonst die angeblich geliebten Menschen, die »Ebenbilder Gottes«, später einmal richten (Röm. 3,5.6)?

Das ist für uns deshalb wichtig zu wissen und zu bedenken, weil an dieser Stelle die tatsächliche Verlorenheit und Verdorbenheit aller Menschen zum Ausdruck kommt: Da ist seit dem Sündenfall nichts Gutes – das wird sich ja nicht mit Gottebenbildlichkeit vereinbaren lassen. Es lohnt sich, in Bezug auf den Gedanken unserer »Gottebenbildlichkeit« mit aufrichtigem Herzen Römer 3,9 bis 3,20 zu lesen. Man wird schon sehr viel »Mut« aufbringen müssen, den Gedanken an unsere Gottebenbildlichkeit noch weiter aufrecht erhalten zu können.

Weiter lesen wir:

[…] wer aber dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm (Joh. 3,36b).

Seit dem Sündenfall liegt der Zorn Gottes auf jedem Menschen – da ist nichts Gutes; nichts, was Gott liebenswert finden könnte. Der Mensch ist seit dem Sündenfall zum Feind Gottes geworden (Römer 5,10)

Das Evangelium beinhaltet also zunächst einmal einzig und allein die Botschaft: Du Mensch bist unrettbar verloren, wenn Gott sich nicht völlig unverdientermaßen und unerklärlich über dich erbarmt. Deine Sünde macht dich unheilbar krank und du bist auf ewig von Gott getrennt. Die Bibel spricht hier sehr deutlich von einer Hölle, einem Ort voller Qual (Matthäus 5,29; Lukas 12,5; Lukas 16,28; Offenbarung 14,11) für diejenigen, die die ausgestreckte Hand der Gnade Gottes ausschlagen. Die Unfähigkeit, dem Anspruch Gottes zu genügen, war übrigens der Anlass für Jesus, die Bergpredigt zu halten. Es lohnt sich, die gerechten Forderungen und Ansprüche Gottes aus der Bergpredigt mit den Aussagen in Galater 3,10 (Verflucht ist, wer nicht bleibt in allem, was das Gesetz vorschreibt) zu vergleichen. Praktisch heißt das, dass wir alle unter dem Fluch sind. Wenn wir ehrlich mit unserem Leben umgingen, könnte niemand behaupten, alles, was das Gesetz vorschreibt, zu halten. Die meisten wissen wahrscheinlich nicht einmal, was das Gesetz alles vorschreibt. Es ist daher auch gewagt, die Bergpredigt als durch uns erfüllbar oder auch als gesellschaftliches Reformprogramm darzustellen.

Weil das so ist, und niemand die gerechten Forderungen erfüllen kann, geht es im Evangelium auch nicht um »erfülltes Leben«, um Sinngebung für ein verkorkstes Leben, nicht um eine bessere Beziehung zu Gott oder um die Heilung von irgendwelchen körperlichen oder seelischen Schäden. Es geht um die nackte Existenz. Um ewiges Leben und ewigen Tod nach dem körperlichen Tode.

Der biblisch begründete Glaube setzt somit ein Wissen um meine absolute Verlorenheit aufgrund meiner von mir nicht bezahlbaren Schuld voraus.

Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes (Joh. 3,18).

5.1.2. Gottes Antwort

Einige Hintergründe der Organisatoren

Als Nächstes wollen wir uns über die Hintergründe von ProChrist Gedanken machen. ProChrist ist keine spontane Initiative gläubiger Christen, die ihrem evangelistischen Auftrag in effektiver Weise nachkommen wollen, sondern eingebettet in einen bereits seit Jahrzehnte laufenden Prozess. Als Hauptinitiatoren der Bewegung gelten der bekannte Evangelist Billy Graham, die Deutsche Evangelische Allianz (DEA), der momentane Hauptredner Ulrich Parzany und mit ihm der CVJM, dem Parzany in Deutschland vorsteht. Diese vier Personen bzw. Organisationen wollen wir nun näher betrachten. Eine Beachtung der Wurzeln und Hintergründe der treibenden Kräfte hinter den Veranstaltungen halte ich aus biblischen Erwägungen heraus für notwendig. Wir wissen, dass ein fauler Baum keine guten Früchte tragen kann:

Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. Ein jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Darum sollt ihr sie an ihren Früchten erkennen (Mt. 7,18-20).

6.1. Eine Einschätzung des ersten Redners bei
ProChrist: Billy Graham

Billy Graham hat mit seiner Liebe zu Jesus Christus und seiner packenden Art, das Evangelium zu verkünden, sicherlich tausende Menschen erreicht. Viel ist über ihn geschrieben worden. Dabei ist er gerade in den letzten Jahren häufig angegriffen worden. Einer der Kritikpunkte betrifft sein Engagement für die Versöhnung mit den anderen Religionen. Es geht darum, dass Billy Graham einen Preis empfangen hat, der für Verdienste um die Aussöhnung der Religionen untereinander verliehen wird.

Als Empfänger des »Templeton Prizes for the Progress in Religion«, des mit 1,3 Mio. US-Dollar dotierten Preises für den Dialog der Religionen, wird sich Graham sicherlich den Zielen dieser Stiftung nicht verschlossen haben und wird dies vermutlich nach dieser Auszeichnung auch nicht tun. Hunt schreibt zu dem Stifter des Preises in seinem Buch »Die okkulte Invasion « (S. 103):

»Templeton [der Stifter dieses Preises] ist Evolutionist, Pantheist, Universalist und Okkultist, der den Gott der Bibel und Christus als einzigen Erretter ablehnt …«

Welche Beweggründe werden wohl vorgelegen haben, ausgerechnet Billy Graham, dessen Evangelium heißen müsste: »Ich (Jesus Christus) bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich!« diesen Preis zu verleihen? Der Templeton-Preis wird ja gerade verliehen für die Verdienste um die Verständigung und Aussöhnung der Religionen, die alle den einen Weg über den Sohn zum Vater ablehnen und daher als antichristlich einzustufen sind.

 6.2. Die evangelische Allianz als Motor der Ökumene

Ein Zitat aus einer lesenswerten Schrift von Wolfgang Nestvogel macht das Problem der Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche deutlich. Die DEA fördert diese Zusammenarbeit und hält sie für gut und richtig. Gleiches gilt auch für Parzany, die Lausanner Bewegung und andere Bewegungen:

Dr. Nestvogel führt Folgendes an:

Wie können wir aber etwa mit römisch-katholischen Priestern gemeinsam evangelisieren, die durch ihre Priesterweihe auf die offiziellen Dokumente ihrer Kirche verpflichtet sind, in denen ein »anderes Evangelium« gelehrt wird? Wie können wir nach der Evangelisation Menschen in römischkatholische Gemeinden schicken, die einer unbiblischen Rechtfertigungslehre verpflichtet sind? Wer dies aus pragmatischen Gründen für verantwortbar hält, macht gemeinsame Sache mit einer Institution, die in ihren Bekenntnissen gravierende Irrlehren vertritt. Er nimmt sehenden Auges in Kauf, wie »neugeborene Christen« einer falschen Ernährung ausgesetzt werden. In einem Plädoyer der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) für die »evangelistische Koalition« heißt es sogar, dass auch »ein Hauskreis katholischer Christen ein ausgezeichneter Raum für das geistliche Wachstum sein könne« (Evangelische Allianz intern, 2/1999, S. 10, zitiert aus: »ProChrist 2000 – Der Weg geht weiter«, Wolfgang Nestvogel – Internetpublikation unter http://www.bibelbund.christen.net/htm/2000-1-034.htm).

Die Deutsche Evangelische Allianz mit den fast 120Werken, Verbänden und Einrichtungen, die ihr angeschlossen sind oder die mit ihr zusammenarbeiten (Evangelische Allianz online – »Wer zu uns gehört/ Mit uns verbundene Werke«), bindet fast das gesamte evangelische/evangelikale Spektrum in Deutschland in ihre Ziele und Aktivitäten ein. Hierdurch bekommen die oben beschriebenen ökumenischen Bestrebungen der Allianz eine unglaubliche Dynamik. Und unter diesem Gesichtspunkt muss man sich fragen, ob ProChrist wirklich eine aus diesem Zusammenhang herauslösbare Einzelveranstaltung ist, an der man unkritisch teilnehmen kann.

6.3. Ulrich Parzany und der CVJM

Ulrich Parzany hat ausdrücklich betont, er stehe »für die Arbeit nur zur Verfügung, wenn sich grundsätzlich Christen aller Konfessionen beteiligen können« (idea 138/97, Anhang A). Warum? Es ist eigentlich logisch:
Wenn das Evangelium so weit gestutzt ist, dass alle nominellen Christen damit leben können, muss man sich auch gegenseitig als Christen anerkennen. Wir haben bereits gesehen, dass das von Parzany verkündete Evangelium ein »verkürztes Evangelium« ist. Und dann macht es auch Sinn, gemeinsam das zu verkündigen, worauf man sich gemeinsam geeinigt hat und was man für das Evangelium hält. Auf diese Weise ist eine Einheit erreichbar, die in einer lehrmäßigen Auseinandersetzung nicht denkbar und erreichbar wäre. Diese Einheit aber ist gewollt, um eine europa- oder gar weltweite einheitliche christliche Ethik zu schaffen. Dies passt nahtlos in das biblische Bild einer weltweiten Einheitsreligion. In Offenbarung 17 und 18 wirdidieses Gebilde die »Hure Babylon« genannt. Die religiöse Hure Babylon sitzt auf dem politischen Tier und lenkt es offenbar. Die babylonische Hure »Weltkirche « und das Tier »Weltstaat« sind im Entstehen, und an ihrer Schöpfung scheint Ulrich Parzany – vielleicht unbewusst – mitzuwirken. Feststellen lässt sich das vor allem an seinem unermüdlichen Werben für ökumenische Veranstaltungen wie »2003 – Jahr der Bibel«, »Christival 2002« u.a.m. In diesen Großveranstaltungen sitzt Ulrich Parzany neben DEA Generalsekretär, Hartmut Steeb, dem Generalsekretär des Bibellesebundes, Reinhold Frey, dem Generalsekretär des Gnadauer Verbandes, Theo Schneider und anderen freikirchlichen Werks- oder Gemeindeoberhäuptern friedlich neben den Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz (Katholiken) und den Oberkirchenräten der evangelischen Kirche. Aber nicht zu einem Plauderstündchen, sondern als Mitglieder in den verschiedenen Vorständen der einzelnen ökumenischen Veranstaltungen.

6.4. Fazit

Die Untersuchung der maßgeblichen Personen und Organisationen hat ergeben, dass diese offensichtlich nicht in der Lage sind, den rettenden Glauben von religiöser Frömmigkeit zu unterscheiden. Ansonsten könnten sie nicht auf die Idee kommen, Katholiken pauschal als Christen zu bezeichnen und mit ihnen gemeinsam Evangelisationsveranstaltungen zu betreiben.

Nachwort

Wie sollen missionarisch engagierte Christen mit Pro-Christ umgehen?

Wir hoffen, dass deutlich geworden ist, dass es bei der Kritik an ProChrist nicht um Vorwürfe gegen Personen geht. Wir schätzen die Verantwortlichen von Pro-Christ als hingegebene und begabte Brüder, die ein Anliegen haben, bisher unerreichte Menschen mit dem Evangelium in Berührung zu bringen.

Wir hoffen und beten auch, dass durch diese Großevangelisation Menschen zum lebendigen Glauben an unseren Herrn Jesus kommen und freuen uns über jeden, der den Weg in eine lebendige, bibelorientierte Gemeinde findet.

Unsere Sorge gilt den »Risiken und Nebenwirkungen«, die u. a. mit dem von ProChrist ausgelösten Prozess als Wegbereiter einer neo-evangelikalen Ökumene oder Einigungsbewegung verbunden sind.

Diese Sorge ist in den vergangenen Jahren bereits von verschiedenen Seiten geäußert worden und es haben inzwischen auch Gespräche mit Vertretern der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) stattgefunden, wo in einer brüderlichen Atmosphäre diese Kritikpunkte offen angesprochen wurden. In diesen Gesprächen wurde deutlich, dass neben vielen Gemeinsamkeiten in einigen wichtigen grundlegenden Fragen völlig gegensätzliche Überzeugungen bestehen.

Das betrifft besonders die Fragen von »Zusammenarbeit« und »Einheit«, die in Bezug auf Großveranstaltungen wie z. B. ProChrist, Jesus-Tag und Projekte wie Alpha-Kurse, Willow-Creek-Netzwerk usw. zu völlig verschiedenen Positionen führen.

»Wer Einheit nicht will, ist ungehorsam …«

Seit Jahren wird nicht nur in der Politik und Wirtschaft, sondern auch in evangelikalen Kreisen von Globalisierung und Vernetzung gesprochen. Der Slogan der Charismatischen Bewegung: »Dogmen trennen – Liebe eint!« scheint inzwischen auch viele Evangelikale überzeugt zu haben. Sätze wie: »Uns verbindet mehr, als uns trennt!« und »Einheit in der Vielfalt« machen die Runde. Man versucht Gemeinsamkeiten zu betonen und Schulterschlüsse zu vollziehen, um das leider weithin zersplitterte evangelikale Lager zu einen.

Bezeichnend für diesen Trend ist die Bemerkung eines Inspektors des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes, der auf dem »Aufatmen-Forum« in Bad Blankenburg im Frühjahr 2002 äußerte: »Wir brauchen mehr Grillfeten als Grundsatz-Diskussionen.«

Zu diesem Forum hatte die Zeitschrift »Aufatmen« (Bundes-Verlag) etwa 100 Leiter pietistischer, charismatisch-pfingstlicher und katholischer Werke eingeladen, um die Zusammenarbeit zu vertiefen. Auf dieser Veranstaltung äußerte auch der frühere Vorsitzende der DEA, Jürgen Stabe: »Wer die Einheit nicht will, ist ungehorsam gegen Gottes Wort« (»idea« 11/ 2002).

Bereits drei Jahre vorher hatte Hartmut Steeb – der Generalsekretär der DEA – in »idea« zum Ausdruck gebracht:

»Einheit ist … Pflichtprogramm in der Gemeinde des Jesus Christus, nicht nur Kür. Nach den Worten von Jesus ist das entscheidende Kriterium für Einheit, dass jemand Gottes Willen tut (Matth. 12,49.50) und sich zu Jesus Christus als Herrn bekennt (1. Kor. 12,3). Sonst haben Christus und seine Apostel keine Grenzen gezogen. Mit dem also, der diese Bedingungen erfüllt, ist Einheit bzw. Zusammenarbeit möglich.«

Er schließt seinen Artikel mit den bemerkenswerten Worten: »Wer spaltet, fördert den Unglauben!«(»idea« 9/99)

Solche Aussagen klingen auf den ersten Blick biblisch und überzeugend. Dabei übersieht man aber, das wir Christen keine Einheit schaffen können und müssen, weil Gott selbst sie längst geschaffen hat und wir sie nur verwirklichen müssen. Eine vom Heiligen Geist gewirkte Einheit wird sich niemals im Widerspruch zu der in der Bibel geoffenbarten Wahrheit befinden. Die von H. Steeb genannten Bedingungen für Einheit schaffen natürlich Platz für Mitarbeiter aus den Reihen der Katholischen Kirche, den Pfingst- und Charismatischen Gemeinden, den Orthodoxen Kirchen, Adventisten usw.

Auf dieser Grundlage kann man mit solchen zusammenarbeiten, die »Geistliche Kampfführung« praktizieren, das »Wohlstandsevangelium« predigen, den »geistlichen Tod Christi im Totenreich« lehren, an die »Allversöhnung« oder an die »Seelenvernichtung«glauben, die »Transsubstantiationslehre« für biblisch halten, den Papst zum »Stellvertreter Christi auf Erden « erklären, zu Maria als »Mutter Gottes« beten und sich über die »Heiligsprechung« des »Opus-Dei«-Gründers Josemaria Escriva freuen können – um nur einige der zahlreichen Irrtümer zu nennen, die man doch wohl kaum als zweitrangige und nebensächliche Lehren bezeichnen kann. Vertreter dieser falschen Lehren werden mit größter Wahrscheinlichkeit alle Christus als Herrn bekennen und den Wunsch haben, Gottes Willen zu tun.

Eine solche Einheit auf Kosten der Wahrheit kann nicht durch den Heiligen Geist gewirkt sein, denn sie widerspricht den eindeutigen Lehren der Bibel.

»Alle Wege führen nach Rom …«

Wir freuen uns, dass in den letzten Jahren zahlreiche Katholiken zum lebendigen Glauben an Jesus Christus gekommen sind und dass in manchen katholische Kreisen eine Bibelbewegung zu erkennen ist. Diese erfreuliche Tatsache kann aber nur bedeuten, dass wir solchen Christen zu einem gesunden geistlichen Wachstum verhelfen, was dazu führen wird, dass sie die grundlegenden Irrtümer der Katholischen Dogmatik erkennen, die Katholische Kirche verlassen und sich einer bibeltreuen Gemeinde anschließen. Und sie kann nur bedeuten, dass Katholiken eben nicht pauschal Christen im biblischen Sinne sind, sondern sich dem wahren Evangelium gemäß bekehren müssen. Daher ist es für uns unverantwortlich, wenn nicht nur katholische »Laien« sondern auch katholische Kleriker bei ProChrist mitarbeiten.

Wenn Kardinal Karl Lehmann in einem Grußwort zu ProChrist 2000 schreibt: »Die Veranstaltung nimmt im Sinne der Ökumene deutliche Formen an, in denen auch katholische Christen sich engagieren«, dann verstehe ich das nicht als Kompliment für ProChrist, sondern als warnendes Zeichen dafür, dass in der Verkündigung bei ProChrist bestimmte Inhalte ausgeklammert werden, um sie für Katholiken kompatibel zu machen.

Wenn – wie im Jahr 2000 geschehen – der inzwischen verstorbene Erzbischof Johannes Dyba an einem Pro-Christ-Abend »über seine persönliche Entscheidung für den Glauben und seine Laufbahn als Geistlicher« (»idea« 13/2000) berichtet, wird sich jeder anwesende Katholik bestätigt fühlen, der allein selig machenden katholischen Kirche anzugehören. Bei aller Wertschätzung der Standhaftigkeit Dybas in ethischen Fragen halte ich eine solche Zusammenarbeit für unverantwortlich.

Erstaunlich und unverständlich ist auch, dass Christoph Morgner, der Präses des Gnadauer Gemeinschaftswerkes, im Oktober 2002 als Vorstandsmitglied von ProChrist in einem Artikel unter der Überschrift »Müssen wir mehr zusammenarbeiten?« äußerte:

»Denen, die sich gegen ProChrist aussprechen, weil sich dabei auch katholische Gemeinden beteiligen, sage ich schlicht und deutlich: Es ist besser, katholisch zu glauben und in dieser Kirche beheimatet zu sein, als überhaupt kein Verhältnis zu Jesus Christus zu haben« (»idea« 40/2002).

Auch dieser Satz klingt zunächst sehr überzeugend, macht aber deutlich, dass Präses Morgner den katholischen Glauben mit dem biblischen Glauben gleichsetzt. Christen, die sich in den letzten Jahren nach schweren inneren Kämpfen und äußeren Anfeindungen von den Fesseln der katholischen Kirche befreit haben, werden nur mit großem Unverständnis und tiefer Traurigkeit solche Sätze von einem führenden Evangelikalen lesen.

Würde bei ProChrist – wie Morgner einige Zeilen vorher schreibt – tatsächlich eine »saubere biblisch-reformatorische Verkündigung« zu hören sein, würde jeder Katholik von seinem Priester bei seinem Seelenheil gewarnt werden, ProChrist zu besuchen! Oder sind wir Evangelikalen inzwischen so naiv zu glauben, dass Martin Luthers Predigten oder seine nach eigener Aussage wichtigste Schrift »Vom verknechteten Willen« in katholischen Kirchen akzeptiert würde? Nicht einmal in den meisten evangelikalen Kirchen würde man heute eine »biblisch-reformatorische« Predigt ertragen!

Jemand, der heute sagt: »Es ist besser Katholik zu sein, als kein Verhältnis zu Christus zu haben«, wird möglicherweise morgen sagen: »Es ist besser an Allah zu glauben, als keinen Glauben zu haben, denn schließlich glauben Christen und Moslems an denselben Gott!«

Bei der Kritik an ProChrist geht es nicht um Stilfragen einer Großevangelisation, über die man geteilter Meinung sein kann, sondern es geht um eine Weichenstellung der Evangelikalen, die weitreichende Folgen haben wird. Die vorliegende Arbeit möchte auf die Gefahr aufmerksam machen und ein deutliches Signal setzen, auch wenn es kaum Hoffnung gibt, den Zug aufhalten zu können.

Wir bitten dringend, die Bedenken ernst zu nehmen, die genannten Fakten zu überprüfen und mit den neutestamentlichen Vorgaben und Berichten über Inhalt und Form der Evangelisation, Einheit und Zusammenarbeit, Liebe und Wahrheit zu vergleichen.

Wolfgang Bühne

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