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      Datenschutz: Wie sicher ist “Jesus.de"?

Seit dem 1. April 2005 ist jeder Bankkunde in Deutschland “gläsern". Staatliche Stellen dürfen jetzt Informationen über jedes Bankkonto einholen. Demnächst soll dies auch in der Telekommunikation gelten.
Laut einer EU-Initiative sollen bestimmte Daten von Telefonaten, Faxen, SMS-Nachrichten, E-Mails und der Internet-Nutzungen von allen 453 Millionen EU-Bürgern langfristig abgespeichert werden.
Es bedarf nur weniger politischer Entscheidungen, und schon wird dem Bürger eine weitere Zwangsjacke der Überwachung übergestreift. Und da könnte in Zukunft auch der große Komplex der Diskriminierung schnell eine Rolle spielen. Von welchen Personen oder Personengruppen gehen hier entsprechende Aktivitäten und Gefahren aus, die als diskriminierend eingestuft werden? Wie und wo könnten staatliche Schnüffler dies schnell und problemlos herausfinden?
Nach eigenen Angaben ist “Jesus.de" (Witten) das größte christliche Internet-Forum der Welt
 (s. TOPIC 10/03). Die über 98 000 Mitglieder veröffentlichen pro Tag über 2000 Beiträge bei “Jesus.de" - allerdings nicht unter ihrem Namen, sondern unter Pseudonym. Dabei geht es um alle möglichen Themen - besonders um religiöse. Ob Satanist, Muslim, Kommunist, Atheist, Buddhist oder Christ: Jeder darf sich bei “Jesus.de" frei äußern, sofern er keine vulgären, obszönen, belästigenden, verleumderischen oder gotteslästerlichen Beiträge veröffentlicht. Eine Mannschaft von Redakteuren und ehrenamtlichen Moderatoren wacht darüber, dass dieser Katalog eingehalten wird und niemand bei “Jesus.de" diskriminiert wird. Aber was heißt “diskriminiert"?
“Jesus.de"-Chefredakteur Rolf Krüger beispielsweise glaubt nicht alles, was in der Bibel steht. Dies hat er in mehreren Beiträgen in seinem Internet-Forum deutlich gemacht. Jemand, der diese bibelkritische Haltung scharf rügt, wäre nach den Standards von “Jesus.de" bereits diskriminierend und würde dafür bestraft.
Zunächst gibt es einige “Gelbe-Karten"-Warnungen, dann werden Beiträge gelöscht und als letztes Mittel wird ein Ausschluss eingeleitet. Besonders bibeltreue “Jesus.de"-Schreiber erfahren oft, dass sie mit ihrer Kritik an Katholiken, Okkultisten oder Vertretern anderer Glaubensrichtungen systematisch abgestraft werden. Dazu werden stets dieselben Begründungen vorgebracht: Du diskriminierst. Du willst anderen den Glauben absprechen!
Um solches “diskriminierendes" Verhalten von “Jesus.de"-Mitgliedern festzuhalten und zu dokumentieren, erstellen die Verantwortlichen bei “Jesus.de" sogenannte Journale. Darin werden Beiträge von “Jesus.de"-Mitgliedern gesammelt und auch Einträge über spezielles Verhalten gemacht. Dies bestätigten mehrere “Jesus.de"-Moderatoren gegenüber TOPIC. Doch von diesen Journalen wissen die “Jesus.de"-Teilnehmer nichts. Sie werden geheim geführt und dienen dazu - so ein Moderator zu TOPIC -, um aus Sicht von “Jesus.de" Querulanten schnell identifizieren und rauswerfen zu können. Doch diese Journale sind nicht ohne! Denn durch das Zusammenstellen von gemachten Äußerungen zu bestimmten Themen lässt sich schnell ein Gesinnungsprofil eines “Jesus.de"-Mitgliedes erstellen. Wie denkt “XY" zum Thema “Z", wie verhält er sich gegenüber Andersgläubigen? In der Summe der zusammengeführten Informationen liegt hier die Brisanz.
Dies sehen auch die Datenschutz-Experten des “Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen" so, die TOPIC befragte. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) müsste “Jesus.de" “eine Einwilligung des Betroffenen zur Erhebung, Speicherung und Nutzung (Erstellung von Profilen) seiner Daten vorliegen, die sich ausdrücklich auf diese Daten und auf diesen Verwendungszweck bezieht", so ein Datenschützer aus Düsseldorf. Zwar lässt sich “Jesus.de" das Sammeln und Verwenden von personenbezogenen Informationen in den “Nutzungsbedingungen" (7 DIN A4-Seiten in Juristendeutsch) von jedem Mitglied per Zustimmung generell “genehmigen", doch von der Anfertigung von speziellen Journalen, die Rückschlüsse auf die Gesinnung zulassen, ist nirgendwo klar und deutlich die Rede.
Außerdem, so der Datenschützer weiter, “muss durch technische und organisatorische Vorkehrungen sichergestellt sein, dass Nutzungsprofile nicht mit den Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden können." Und genau hier liegt ein weiterer sensibler Punkt. Die Journale werden mit den Pseudonymen geführt, aber “Jesus.de" besitzt auch die Daten, um die echte Person dahinter identifizieren zu können. Allein die Tatsache, dass die meisten der “Jesus.de"-Mitglieder über die Existenz solcher Kontroll-Journale gar nichts wissen, lässt ein erstes Unbehagen aufkommen. Was geschieht sonst noch mit meinen Daten bei “Jesus.de"? Dieses Unbehagen wächst, wenn man sich Fälle von Datenklau vor Augen führt. Österreichischen Bürgerrechtlern gelang es 2004, sogar den Zentralcomputer des US-Geheimdienstes NSA zu knacken und Anschriftenlisten herunterzuladen sowie im Archiv zu stöbern. Man stelle sich vor, irgendeine Interessensgruppe schaffte es, in die “Jesus.de"-Computer einzudringen und z. B. kritische Evangelikaie zu identifizieren.

Die Datenschützer aus Düsseldorf raten jedenfalls besorgten “Jesus.de"-Mitgliedern, nach § 4 Abs. 7 des Teledienstedatenschutz-Gesetzes (TDDSG) über “Art und Umfang seiner gespeicherten Daten" Auskunft zu verlangen. Warum wird in den Nutzungsbestimmungen von “Jesus.de" dieses gesetzlich verankerte Recht nicht erwähnt und ausführlich erklärt? Ein weiterer Punkt, der nachdenklich stimmen muss.

Angesichts der fortschreitenden Überwachung der Bürger könnte der Staat schnell auf die Idee kommen, auch alle Internet-Foren einzubeziehen. Die USA jedenfalls bereiten eine weltweite Überwachung aller Chats und Internet-Foren vor. So haben Wissenschaftler des Rensselaer Polytechnic Institute Forschungsgelder erhalten, um ein entsprechendes Kontrollprogramm für das Internet zu entwickeln.

Sollte es eines Tages zu einer systematischen Gesinnungsschnüffellei im Internet kommen, dann wäre “Jesus.de" wohl eine der besten Fundgruben.

               TOPIC  Nr. 4/2005


Wie das Internet-Forum “Jesus.de” seine Mitglieder überwacht.

Eigentlich ist das Internet-Forum Jesus.de eine prima Sache. Im Internet wird ein Forum geschaffen, in dem man sich per elektronische Briefchen mit anderen Schreibern über christliche Themen austauschen kann. Als Absender erscheint nicht der Original-Name, sondern ein Phantasie-Name, z.B. “Minimaus”. Jeder darf kostenlos Mitglied bei “Jesus.de” werden, ob er nun Christ, Moslem oder Satanist ist. Voraussetzung für die Teilnahme ist allerdings, dass man bestimmte Regeln beachtet. Diese sind zusammengefasst in einer “Charta” und im “Kleingedruckten”, den Nutzungsbestimmungen. Darin ist z.B. zu lesen, dass Beiträge nicht vulgär, obszön, belästigend, verleumderisch oder gotteslästerlich sein dürfen. Wer diese Regeln akzeptiert, hat fortan über seinen E-Mail-Anschluss Zutritt zu Jesus.de und kann seine E-Mail-Briefe “posten”. Posten bedeutet, diese E-Mail-Post wird unter einem Thema veröffentlicht und jedes Jesus.de-Mitglied kann mit Reaktionen darauf antworten, die auch wieder sofort veröffentlicht werden. Jesus.de hat mittlerweile über 70.000 eingeschriebene Teilnehmer, die pro Tag bis zu 1800 Beiträge schicken. Diese können auch von Nichtmitgliedern – somit von jedem Internet-Nutzer – theoretisch mitgelesen werden. Pro Monat kommen so eine halbe Million Zugriffe zustande, was Jesus.de zum weltweit größten christlichen Internet-Forum macht. Die sechs Redakteure, die Jesus.de betreuen, werden vom Bundes-Verlag (Witten) bezahlt, hinter dem der Bund Freier ev. Gemeinden (FeG) steht. Doch bei der gigantischen Flut von Briefen reichen diese sechs Leute nicht aus, um alle E-Mails durchzusehen, ob sie den Regeln entsprechen. Es werden Hunderte von Themen gleichzeitig diskutiert, und sie reichen von “Rauchen verursacht Impotenz” bis hin zu theologischen Themen wie “Allversöhnung”. Den Jesus.de-Redakteuren stehen deshalb 40 ehrenamtliche Moderatoren zur Seite, die – aus verschiedenen konfessionellen Lagern kommend – die Aufgabe haben, die E-Mail-Post nach den Charta-Regeln zu kontrollieren. Nach ihrem Ermessen können sie bei Fehlverhalten “Gelbe-Karten” – Warnungen verteilen, Beiträge löschen und als letztes Mittel Ausschlüsse einleiten.
Nun liegt es in der Natur der Sache, dass bei manchen Themen sehr gegensätzlich und emotional diskutiert wird. In der Hitze des Argumentations-Gefechtes ist der Schlagabtausch manchmal hart, aber herzlich gemeint. Genau an dieser Stelle hat es jetzt Ärger gegeben. Etliche Jesus.de-Mitglieder, die bibeltreue Positionen vertraten, wurde bei Jesus.de verwarnt oder flogen gar ganz raus. Ihr Vergehen: Sie hatten beispielsweise einen eingefleischten Katholiken, Deckname “KleinerFisch”, kritisiert. Der Grund: “KleinerFisch”, der ausgerechnet für den Bereich “Theologie” auch noch als Moderator tätig war, hatte in eigenen Beiträgen die gesamte katholische Lehre dargelegt: von Marien- und Reliquienverehrung über Gebete zu Heiligen, dem Fegefeuer bis hin dazu, dass die Katholische Kirche die einzig seligmachende sei. Die bibeltreuen Christen, darunter Ex-Katholiken, argumentierten dagegen auch mit Begriffen aus der Bibel wie “Irrlehrer” oder “Irrlehren”. Diese oft engagiert vorgetragene biblische Argumentationslinie wurde von Jesus.de als Katholikenhetze eingestuft, und die Schreiber flogen raus. TOPIC liegen Unterlagen vor, dass Ähnliches bibeltreuen Schreibern auch bei Themen wie “Charismatik” oder Homosexualität” widerfuhr.
Wie Jesus.de-Redaktionschef Rolf Krüger gegenüber TOPIC erklärte, gebe es bei Jesus.de ein internes elektronisches Überwachungsprogramm, in dem “Reizwörter” wie “Charismatik” oder “Papst” einprogrammiert seien, um entsprechende kritische E-Mails schnell herausfiltern zu können. Doch damit nicht genug.
Nach TOPIC-Erkenntnissen existieren auch “Journale”, in denen über Jesus.de-Mitgliedern detailliert Informationen festgehalten werden und in einigen Fällen sogar Verhaltensprofile erstellt wurden.
Über diese Überwachung, die an die DDR-Stasi erinnert, finden Jesus.de-Mitgliedern in der Charta kein Wörtchen. Im Kleingedruckten steht dazu mehr. Auch wenn die Kontrolle danach “rechtens” sein mag: Warum werden ganz spezielle Suchwörter ins Schnüffelprogramm gestellt, mit denen man eine ganz bestimmte Sorte von Kritikern herausfiltern kann? Was wird bei Jesus.de alles abgespeichert und wozu? Profile von Kritikern – beispielsweise der Ökumene – sind auch über den Bundes-Verlag hinaus von Interesse. Die Politik von Jesus.de scheint darauf hinauszulaufen, Christen zu einem ökumenisch-charismatisch-katholischen Toleranz-Denken umerziehen zu wollen. Wer sich beharrlich dagegen auflehnt, wird überwacht und verbannt. Schöne christliche Internet-Welt, in der man die “Schere” gleich im Kopf haben muss.

             TOPIC  Nr. 10/2003

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