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Die Spaltung der Evangelikalen – Vom „Gemeinsam“ zum „Einsam“

Von Thorsten Brenscheidt, Bochum 

Die seit einigen Jahren sich vollziehende Spaltung der Evangelikalen durch Ausgrenzung der konservativ Bibeltreuen schreitet weiter voran. Die Bezeichnung „evangelikal“, die früher für nahezu alle bibeltreuen Christen zutreffen konnte, wird mit weltlichen „Werten“ wie postmoderne Toleranz und Dialogfähigkeit anscheinend ganz neu definiert. Wegweisend dazu ist ein Artikel im Allianz-Magazin EINS 4/2011. Dort veranschaulicht der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Jürgen Werth, wer und wer nicht zu den Evangelikalen zu zählen ist. Dies wird bereits in der Überschrift deutlich:

1. „Niemand kommt (mehr) an uns Evangelikalen vorbei“.

Werth spricht damit für sich selbst und alle Christen und Gemeinden, die sich zur Allianz zählen. Dabei bleibt Folgendes festzuhalten: Werth bemühte sich zusammen mit anderen, „die Allianz aus der fundamentalistischen Schmuddelecke herauszuhalten – oder zu holen“.
Wegweisend: Die Allianz möchte bei Anfeindungen, Bloßstellungen und Ablehnung von Seiten der Welt nicht der Adressat sein. Wenn man beim Festhalten biblischer Wahrheiten in die „fundamentalistische Schmuddelecke“ gedrängt wird, darf dies nicht sein, auch wenn die Welt die Wahrheit nicht erkennen kann (1Kor 2,14). Stattdessen strebt man nach weltlicher und kirchlicher Anerkennung.
Aber Gottes Wort sagt: „Alle, die gottesfĂĽrchtig leben wollen in Christus Jesus, werden Verfolgung erleiden.“ (2Tim 3,12) 

2. „Wir sind Evangelikale, aber keine Fundamentalisten.“

Werth übernimmt hiermit Eins zu Eins die weltliche Definition eines negativ besetzten Schimpfwortes und grenzt sich bewusst von Fundamentalisten ab. Dass „die meisten Fundamentalisten sagen, sie sind evangelikal“ sieht er als „Imageproblem“. Eigentlich sind alle, die am Absolutheitsanspruch Jesu (Joh 14,6) festhalten und damit andere Religionen ablehnen, Fundamentalisten; Werth grenzt sich jedoch aus Imagegründen von einigen ab, ohne sie konkret zu benennen oder zu beschreiben. Anstatt gemäß dem Allianz-Anliegen die Bibelgläubigen zu sammeln, zu vermitteln und zu einen, betreibt er damit eine Spaltung unter den Evangelikalen, ja sogar eine Spaltung des Leibes Christi.
Jesus Christus spricht: „Und dann werden viele AnstoĂź nehmen, einander verraten und einander hassen. Und es werden viele falsche Propheten auftreten und werden viele verfĂĽhren. Und weil die Gesetzlosigkeit ĂĽberhand nimmt, wird die Liebe in vielen erkalten. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden.“ (Mt 24,10-13) 

3. „Wir suchen das Gespräch mit Andersdenkenden und Andersglaubenden. Und wir sind fähig, dieses Gespräch zu führen: klar, freundlich, auf Augenhöhe, leidenschaftlich und vernünftig.“
Es gibt nach Werths Meinung also welche, eben „Fundamentalisten“, die zu Gesprächen auf Augenhöhe nicht fähig sind. Wenn „auf Augenhöhe“ meint, dass im Rahmen der postmodernen Toleranz kein Wahrheitsanspruch mehr erhoben werden darf und ein interreligiöser Dialog um des (weltlichen) Friedens Willen angestrebt wird, ist aber hierdurch der „schmale Weg“ (Mt 7,14) unbiblisch verbreitert worden. 

4. „Wir müssen weitermachen. Begegnungen wagen. Wir müssen zuhören, erzählen. Und vielleicht manches Vorurteil zurechtrücken.“
Heißt das nun: Nicht klassisch missionieren, sondern einfach nur erzählen, ohne mit der exklusiven,
biblischen Wahrheit zu konfrontieren? Einfach nur zuhören und nicht biblisch korrigieren – das ist
postmoderne Toleranz.
Dazu gehört es auch, das Vorurteil, Christen seien streng und würden ihre Kinder (auch körperlich)
züchtigen, abzubauen. Werth erklärte im Allianz-Magazin EINS 1/2011 ohnehin, dass körperliche Züchtigung einfach „ein undifferenzierter Umgang mit der Bibel“ und eine „schräge Theologie“ sei. Daher müsse die Allianz weg vom Bestrafen und Züchtigen „positive Modelle entwickeln“. Im selben Magazin stellt der Wiedenester Bibellehrer Bernd Brockhaus fest, dass körperliche Züchtigung (als wohl nicht mehr zeitgemäß) ausgeschlossen ist: „Anders als für die Generationen von Eltern, für die (bis nach dem Zweiten Weltkrieg) die Rute ganz natürlich zur Kindererziehung dazugehörte, ist eine Prügelpädagogik für uns heute zu Recht ein Ding der Unmöglichkeit, und wir dürfen nicht wieder dahinter zurück.“
Prediger, Autoren und Verlagsleiter, die von Seiten der Welt wegen dieser angeblich „schrägen Theologie“ mittels Strafanzeigen verfolgt werden (z. B. Wilfried Plock und die Verlage Betanien, CLV und 3L), können nicht mehr mit der Solidarität der Allianz-Vertreter rechnen. Deren Solidarität gilt mittlerweile der liberalen Kirche und der ungläubigen Welt. Das macht das nächste Zitat von JĂĽrgen Werth ganz deutlich: 

5. „Wir haben aber auch eine stärkere und positivere Wahrnehmung durch die EKD erfahren.“

Der Allianz ist also die Anerkennung durch die EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) wichtig. Sie hat keine Probleme mit dem fortschreitenden Verfall dieser Institution, die in ihren Leitungsgremien immer mehr biblische Wahrheiten aufgibt wie z. B. den Absolutheitsanspruch Jesu (und daher den interreligiösen Dialog vorantreibt), Bibelkritik betreibt, Homosexuelle „segnet“ und bibeltreue Christen vermehrt ausgrenzt.
DemgegenĂĽber lesen wir in Gottes Wort: „Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus.“ (Gal 1,10b) 

6. „Sind wir als Allianz ökumenefähig?“

So fragt Jürgen Werth. Das bedeutet: Ja! Im so genannten „Verhaltenskodex für Mission“ hat die Allianz mit dem ökumenischen Weltkirchenrat und dem Vatikan zusammengewirkt, die beide das biblische Missionsverständnis ablehnen. Dieser am 28.06.2011 verabschiedete Kodex gilt für Werth als Erfolg, da er weitere Anerkennung durch (abgefallene) Kirchen und die Welt bedeutet.
Jesus Christus aber spricht: „Wer sich aber selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.“ (Mt 23,12a) 

7. „Wir müssen frömmer werden!“

Das bedeutet: Ein an sich gutes Anliegen, allerdings bezieht sich Werth ausschlieĂźlich aufs Gebet und nicht auf ein Eintreten fĂĽr biblische Wahrheiten. SchlieĂźlich glaube man ja nicht an die Bibel, sondern eben an Jesus Christus, wie es einmal Christoph Morgner, Präses des Gnaudauer Verbandes von 1989 bis 2009, formulierte: „Der Pietist sagt: ‚Ich glaube an Jesus Christus, von dem in der Bibel Zeugnis abgelegt wird.’ Der Fundamentalist glaubt sowohl an Jesus Christus als auch an die Bibel.“ 

8. „Gut, dass inzwischen ein ordentlicher Teil der Pfingstler und Charismatiker zu uns gehört.“

Werth spielt hier auf die Kasseler Erklärung von 1996 an, wonach die warnende Berliner Erklärung gegen okkulte Phänomene bei der Pfingstbewegung aufgehoben wurde. Man sprach 1996 von „einer neuen Segensepoche fĂĽr das deutschsprachige Europa“. Gott habe „seine Gemeinde neu heimgesucht und beschenkt“. Auch wenn 16 Jahre später davon kaum die Rede sein kann – die SchluĂźfolgerung der „Initiative Berliner Erklärung“ bleibt: „Gegenseitige DistanzierungsgrĂĽnde sind pauschal nicht mehr gĂĽltig.“ Was Konservative, die weiterhin die Geister unterscheiden und vom Wort Gottes abweichende pseudocharismatische und schwarmgeistige Erscheinungen infrage stellen mĂĽssen, zu erwarten haben, erwähnt bereits 1997 das Buch „Gott auf charismatisch“, nämlich „von der Welt und selbst von Glaubensgeschwistern Schmähungen in Kauf zu nehmen“. Diese Schmähungen verdichten sich nunmehr in Werths Abgrenzung von Fundamentalisten, sozusagen von „Schmuddelchristen“. 

9. „Für Jüngere ist die Allianz weitgehend keine spannende Adresse mehr.“

Hier stellt sich die Frage, was die Allianz denn bei den JĂĽngeren erreichen will. Sollen sie zu biblischer JĂĽngerschaft und kompromissloser Nachfolge herausgefordert und ermutigt werden, oder mittels „spannender“ Aktionen und Programme, aber wenig geistlichem Tiefgang, gelockt werden? 

10. „Wir müssen weiblicher werden! … Wir müssen aber mehr Frauen in die Leitungsgremien berufen …“

Warum eigentlich? Weil die Welt sonst wieder AnstoĂź nimmt, wenn nicht Frauen vorstehen und leiten? Ja, denn Werth bekennt: „Man nimmt das wahr!“ – in der Welt. „Aber vielleicht liegt’s auch daran, dass unsere Strukturen allzu männlich geprägt sind.“, gibt Werth als Antwort auf die fehlenden Leiterinnen. Was aber sagt Gottes Wort: „Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren, auch nicht, dass sie ĂĽber den Mann herrscht, sondern sie soll sich still verhalten.“ (1Tim 2,12) 

11. „Wir müssen kommunikativer werden!“

Werth greift ein Internetforum auf und wĂĽnscht ein sich „gegenseitig informieren“, „diskutieren“ und „einander inspirieren“. Hierbei scheint es nicht um biblische Belehrung zu gehen, sondern wieder um einen gleichberechtigten, toleranten und unverbindlichen Austausch auf Augenhöhe. 

12. „Der hat in der Evangelischen Allianz nichts zu suchen.“

Dies ist der entscheidendste Punkt, den Werth bereits Anfang 2007 nannte, als er zum Verzicht auf einen Wahrheitsanspruch aufrief. Im Zusammenhang des Themas Allianzgebetswoche und der Beteiligung von Charismatikern und Katholiken sagte er: "Wenn einer irgendwo hingeht und sagt: ,Meine Art zu glauben ist die einzig richtige', dann hat der in der Evangelischen Allianz nichts zu suchen." Hier grenzt Werth die Konservativen aus und spaltet damit die Evangelikalen. Im Allianz-Magazin EINS 1/2007 erklärte Werth:
„Jeder sollte das, was BrĂĽder und Schwestern tun, zunächst einmal stehen lassen. Sollte hinhören, hinschauen, nachfragen. Und nicht öffentlich verächtlich machen, was der eigenen Prägung fremd ist." Es kommt aber nicht auf die eigene Prägung an, sondern auf Gottes Wort. Berufen sich konservativ Bibeltreue aber auf Gottes Wort, kommt eben nur ihre eigene Prägung durch. 

Läuft ein evangelikales Umerziehungsprogramm?
Während früher die Evangelikalen sich dadurch auszeichneten, die Bibel als alleinige Grundlage für Glauben und Leben zu haben, scheint heute ein Umerziehungsprogramm zu laufen. Der Zeitgeist warnt vor Fundamentalismus, in der Postmoderne gibt es keine absolute Wahrheit mehr, alles ist relativ. Und um hier Schritt zu halten, müssen sich die Allianz-Evangelikalen verändern bzw. mitmachen. Die Konservativen, die weiterhin am Wort Gottes festhalten und dem Zeitgeist trotzen, können die Veränderung oder Anpassung nicht mitmachen und werden dafür von der Gesellschaft geächtet. Wer nach dam Ansehen der Welt strebt, der ächtet dann auch die konservativ Bibeltreuen. Es haben in der Allianz nichts zu suchen, die meinen, für bestimmte Wahrheiten kämpfen zu müssen. Auch Michael Diener, Nachfolger von Werth als Allianz-Vorsitzender ab 2012 will keine Allianz als „evangelikale Kampftruppe“. An dieser Stelle ließe sich eine ganze Liste von ehemals konservativ evangelikalen Gruppierungen nennen, die den postmodernen Kurswechsel vollzogen oder vollziehen. Ein Beispiel: Die „Arbeitsgemeinschaft für religiöse Fragen“ (A.R.F.) feuerte 2009 ihren Schriftleiter, Dr. Lothar Gassmann, nannte sich in „AG Welt“ um und schrieb, sie wolle künftig darauf achten, „nicht in ein ungeistliches unbiblisches Extrem abgleiten“ und „nicht ‚christliche Heckenschützen’ für einen ‚Heiligen Krieg’ gegen andersdenkende und anders glaubende Menschen zu sammeln und auszurüsten ...“. Fortan sind kritische Analysen und Aufklärung zu neoevangelikalen Trends tabu. Neue zeitgeistige Erscheinungen sind nicht mehr am Wort Gottes zu prüfen, sondern, wie es Werth formuliert, „stehen zu lassen und nicht öffentlich verächtlich zu machen“.
In der evangelikalen Bewegung in Deutschland hat sich damit ein entscheidender Wandel vollzogen. Destruktive Kritik, Schmähungen, Verleumdungen und Ausgrenzungen verfolgen bibeltreue Christen nicht mehr nur von außen, von der ungläubigen Welt, sondern vermehrt auch von innen, aus dem vermeintlich eigenen Lager der so genannten Evangelikalen. Diesem standzuhalten und sich als treu und bewährt zu erweisen, ist eine neue Herausforderung in der Nachfolge Jesu geworden.
Jesus Christus spricht: „Und ihr werdet von jedermann gehaĂźt sein um meines Namens willen. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden.“ (Mt 10,22) 

Bildnachweis:

http://www.evangelische-allianz-darmstadt.de

 

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