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NEU: Die Frage nach der Bibeltreue oder
nach der Farbe meiner Spiritualität

Von Thorsten Brenscheidt, Bochum

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Die Frage nach der Bibeltreue oder nach der Farbe meiner Spiritualität

Von Thorsten Brenscheidt, Bochum 

Christian A. Schwarz ist ein einflussreicher praktischer Theologe. Sein „Institut für natürliche Gemeindeentwicklung“ hat bereits mit mehr als 60.000 Gemeinden in 70 Ländern zusammengearbeitet. In seinem Buch „Die 3 Farben deiner Spiritualität“ stellt er verschiedene Wege der Gottesbegegnung heraus. Das Buch erhebt den Anspruch einer „fundamentalen Entdeckung“1. Auf dieser Grundlage „entwirft das Buch einen Wachstumsplan, der zu Leidenschaft, Balance und Reife führt.“2 Aus der Vielfalt von geistlichen Stilen entwickelt Schwarz neun Haupttypen in einen „Trinitarischen Kompass“3. Schwarz behauptet, dass „in Jesus alle neun Stile ihre Einheit finden“4. Er „repräsentiert das Ganze“5. Dass es von nüchtern bis schwärmerisch und von bibeltreu bis liberal unterschiedliche Ausprägungen christlichen Glaubens gibt, ist offensichtlich. Diese einander gegensätzlichen Stile als Vielfalt und Bereicherung anzusehen, deutet bereits an, dass ein anderer Maßstab angelegt wird. Bei Schwarz sind nämlich sämtliche Ausprägungen gleichberechtigt. So sind nicht die einen bibeltreu und die anderen eben nicht, sondern die einen sind mehr bibelzentriert und die anderen eben mystisch oder enthusiastisch. Auf diese diplomatische Weise lässt sich zum Beispiel der Gegensatz „nüchtern-schwärmerisch“ darstellen. „Da geht es nicht um ‚schlechten Glauben’ versus ‚guten Glauben’“6, schreibt Schwarz. Es geht „um verschiedene – jeweils positive, aber ergänzungsbedürftige – Weisen der Begegnung mit Gott.“7 Damit werden neben biblisch legitimen Stilen wie „bibelzentriert“, „rechtgläubig“ und „missionarisch“ auch so genannte Stile wie „sinnlich“, „sakramental“, „mystisch“ und „enthusiastisch“ als mindestens ebenso positiv angesehen. Kein Stil ist an sich besser. Der eine ist eben „stärker extrovertiert“ (‚Arme hoch’), der andere stärker introvertiert (‚Kopf runter’)“8. Bibelzentriertheit bedarf der Ergänzung durch die Mystik, Rechtgläubigkeit der Ergänzung durch Enthusiasmus und umgekehrt. Dass im Neuen Testament nie dazu aufgefordert wird, enthusiastisch zu sein, mehrfach aber, nüchtern zu sein (1Kor 15,34; 1Thes 5,6-8; 1Tim 3,2.11; 2Tim 2,26.4,5; Tit 2,2; 1Pet 1,13.4,7.5,8), tut hier nichts zur Sache. Das Kriterium „biblisch“ gilt nach Schwarz ausnahmslos für alle neun Typen. Daher ist es nicht als Einzeltyp markiert. Wer „bibelzentriert“ ist, hat einfach nur eine andere „Antenne“ für Gott. Jeder Stil soll als „Antenne für das Göttliche“9 gesehen werden, denn „Gott sendet auf allen neun Kanälen“10. Will jemand nur bibelzentriert und rechtgläubig sein, hat er eben nur zwei Kanäle auf Empfang eingestellt. Um dieses Defizit zu beheben, „bedarf es im Blick auf die neun Kanäle, über die Gott mit uns kommuniziert, bisweilen einiger Übung, bevor wir etwas empfangen können.“11 Mystik einzuüben ist damit also nicht nur legitim, sondern gar eine Bereicherung in der Gottesbegegnung. Kriterium für den richtigen Schlüssel zu Gott ist das persönliche Erleben in Form von „Spüren“ und „Fühlen“. Die Erklärung von Schwarz sei hier im Zusammenhang zitiert: „Bei jedem Stil ist es hilfreich zu fragen, wann bzw. an welchen Orten die Menschen, die diesen Stil haben, sich Gott ganz besonders nahe fühlen. Dabei ist es freilich so, dass uns Gott in diesen Situationen objektiv näher wäre als in anderen. Aber wir spürenseine Nähe stärker, wir fühlen uns ihm näher. Bei manchen Menschen stellt sich dieses Gefühl ein, wenn sie in großen charismatischen Konferenzen etwas erleben, was über ihren Verstand hinausgeht. Bei anderen ist eine feierliche, von Liturgie und Wiederholung geprägte Atmosphäre wichtig, um das Gefühl der Nähe zu Gott zu erzeugen.“12 (Hervorhebung im Original.) In diesem Zitat wird neben der Gleichberechtigung unterschiedlicher Stile außerdem deutlich, dass man ein Gefühl der Gottesnähe „erzeugen“ bzw. selber machen kann. Der Gläubige kann hierbei auswählen, welcher Stil am besten seinem Gefühl bzw. Wohlgefühl entspricht. Durch diese Bedürfnisorientiertheit verkommt der Glaube von der Christusnachfolge zur Gefühlsnachfolge. Wege und Mittel des Glaubenslebens werden nicht durch das Wort Gottes selbst und durch geistliche Leiter vorgegeben, sondern durch das eigene Wohlgefühl des „Spürens“ und „Fühlens“. Diese sinnliche Vorgehensweise, keine Vorgaben von außen zu nehmen, sondern nach innen zu schauen, ist bereits mystisch. Damit ist das Konzept von Schwarz bereits vorweg insgesamt eher sinnlich und mystisch ausgerichtet. Und es vermittelt, wie relativ jeder Stil ist. Bibelzentriertheit ist eben nur ein Stil und damit nur relativ wichtig. Auch diesem Stil liegt „ein einseitiges Jesusbild zugrunde“13, denn man sieht nur durch „eine gefärbte Brille“14. Wäre Bibelzentriertheitder Stil, wäre die Gefahr der „Gesetzlichkeit“15 zu sehr gegeben. Außerdem sei „Gottes Wort auf Bibel reduziert“16. Daher bedarf es des Ausgleichs durch den gegenüberliegenden Stil, der Mystik. Und daher ist auch alles relativ und gleichberechtigt. Eine „reine Apostellehre“ (Apg 2,42) gibt es nicht, jeder kann nach seiner Facon zwar nicht selig werden, aber zumindest seinen Glauben entsprechend seiner individuellen Gefühlsbedürftigkeit leben. Es gibt keine geistlichen und fleischlichen, keine heißen, kalten oder lauen Christen, sondern entsprechend des Trinitarischen Kompasses „grüne“, „rote“ und „blaue“ Christen. Und für jeden, egal wie er glaubt, ist etwas Passendes dabei. Schwarz betont immer wieder die Notwendigkeit der anderen Seite, des gegenüberliegenden Pols.17 Diese entgegengesetzten, aber aufeinander bezogenen Prinzipien entstammen der chinesischen Lehre des „Yin und Yang“18. Der „Trinitarische Kompass“ ist für bibeltreue Christen keine Hilfe. Wenn jeder seinen eigenen Weg gehen kann, ist die Orientierung im Glauben beliebig und relativ.
Im ĂĽbrigen, ihr BrĂĽder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch ermahnen, seid einesSinnes. (2Kor 13,11a)
Sich ermahnen zu lassen und eines Sinnes zu sein, passt nicht in das Konzept von Schwarz. Hier soll natürlich auch jeder etwas lernen, aber nicht unbedingt nur „bibelzentriert“ und „rechtgläubig“, sondern vom anderen, was dieser mehr hat an „Mystik“, „Sinnlichkeit“, „Enthusiasmus“, „Sakramentalem“ und so weiter.
Lernen soll der bibeltreue Christ jedoch nur aus einer Quelle:
So steht denn nun fest, ihr BrĂĽder, und haltetfest an den Ăśberlieferungen, die ihr gelehrt worden seid. (2Thess 2,15a)
Allein daran sollte sich der Christ messen, orientieren und ausrichten, denn
... das Wort des Herrn bleibtinEwigkeit. (1Petr 1,24b),
DasWort des Herrn ist geläutert. (Ps 18,31b)
Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geistund sind Leben. (Joh 6,63b)
Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine JĂĽnger. (Joh 8,31b)
 

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1 Christian A. Schwarz: „Die 3 Farben Deiner Spiritualität“ (Glashütten: C & P, 2009), Backcover.
2 Ebd.
3 Ebd., S. 20; Christian A. Schwarz: “Neun Wege der Gottesbegegnung”, in: Aufatmen Nr. 4/2009, (Witten: Bundes-Verlag, 2009), S. 16.
4 Ebd., S. 30; ebd., S. 19.
5 Ebd., S. 31; ebd., S. 19.
6 Ebd., S. 15; ebd, S. 17.
7 Ebd; ebd.
8 Ebd., S. 29; ebd., S. 19.
9 Ebd., S. 26; ebd., S. 17.
10 Ebd.; ebd.
11 Ebd.; ebd.
12 Ebd., S. 27; ebd., S. 17-18.
13 Ebd., S. 31; ebd., S. 19.
14 Ebd.; ebd., S. 20.
15 Ebd., S. 25.
16 Ebd., S. 52+111.
17 Ebd., S. 51-53; Christian A. Schwarz: “Die Gefahren meiner Stärken”, in: “Aufatmen Nr. 2/2010“, (a.a.O.), S. 18-19.
18 Roman Malek: „Yin und Yang“, in: „Lexikon für Theologie und Kirche“ (Freiburg: Herder, Sonderausgabe 2009), S. 1350.
 

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