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Einführung:
Die Anziehungskraft der charismatischen „Lobpreislieder“
Immer mehr Gläubige und Gemeinden aus „evangelikalen“, an der Bibel orientierten Kreisen öffnen sich für
die modernen charismatischen „Lobpreis- und Anbetungs“-Lieder, die über verschiedene Kanäle verbreitet werden. Diese Lieder haben eine faszinierende Anziehungskraft vor allem für jüngere Christen. Sie
dringen zunehmend in Jugendkreise, in Gemeindechöre, in Gottesdienste und Veranstaltungen verschiedener Gemeinden mit bibeltreuer Prägung ein. Daneben gewinnen sie auch durch persönlichen Konsum von Kassetten
und CDs an Einfluß, die man als Geschenk erhalten oder in christlichen Läden gekauft hat. Auch Kongresse, Konzerte, Jugendtage und andere Veranstaltungen, wo diese Lieder gesungen werden, haben sie schon weit
unter Gläubigen verbreitet (z.B. das „Christival“). Viele heute beliebte und in Gemeinden benutzte Liederbücher enthalten eine größere Anzahl charismatischer Lieder, u.a. „Ich will dir danken“, „Du
bist Herr“, „Feiert Jesus“ oder das „Wiedenester Jugendliederbuch“.
Aber auch ein eigentlich geistlich klares Liederbuch wie die „Glaubenslieder“ der Brüderversammlungen enthält seit der letzten Neubearbeitung 18 Lieder charismatischer Herkunft. Die charismatischen Lieder
sind besonders für jüngere Christen faszinierend. Mit ihren mitreißenden Melodien vermitteln sie scheinbar Freude, Begeisterung, Schwung und Kraft und sprechen die Gefühle stark an. Demgegenüber erscheinen
ihnen die herkömmlichen geistlichen Lieder, die früher in bibeltreuen Kreisen gesungen wurden, schal und ohne Reiz. Heute findet man in immer mehr Gemeinden, daß charismatische Lieder in den Gemeindegesang,
z.B. in den Sonntagsversammlungen, aufgenommen werden. In den Jugendkreisen machen sie oft den Hauptanteil der gesungenen Lieder aus, und die Tendenz geht hin zu besonderen „Lobpreisgottesdiensten“,
„Worshipnights“ o.ä. – Veranstaltungen, bei denen man diese Lieder mit einer entsprechenden „Lobpreisband“ nach dem Vorbild der Charismatiker „pur“ darbietet. Das Anliegen dieses „neuen
Lobpreises“ scheint ja auf den ersten Blick wirklich berechtigt zu sein. Es ist ganz gewiß wahr, daß es ein wichtiger, oft vernachlässigter Auftrag der Gläubigen wie auch der örtlichen Gemeinden ist, den
ewigen, allein wahren Gott, unseren Vater, und unseren Herrn Jesus Christus zu preisen, ihm Lob und Anbetung darzubringen. Das ist ein wesentlicher Bereich unserer Berufung als heiliges Priestertum für den Herrn.
Leider muß man sagen, daß biblisch gesundes Gotteslob und von Herzen kommende Anbetung in vielen Gemeinden vernachlässigt wurde und wird. Wenn an einem Sonntagmorgen von vielleicht fünf gesungenen Liedern
eines an Gott gerichtet wird, um Ihn zu loben, die vier anderen aber an die Gemeinde, dann kann man schwerlich sagen, damit sei die priesterliche Berufung der Gläubigen, daß sie „Gott beständig ein Opfer
des Lobes darbringen“ sollen (Hebr 13,15), erfüllt worden. Auch mangelt es bei vielen Gemeinden in der Anbetung Gottes an Kraft und inniger, aufrichtiger Tiefe. Jede Beeinträchtigung der Beziehung zum
Herrn durch Trägheit und Ungehorsam, durch Weltförmigkeit und unbereinigte Sünde wirkt sich ja lähmend auf diesen höchst empfindlichen Bereich der geistlichen Beziehung zu Gott aus. Aber kann die Welle der charismatischen „Lobpreis- und Anbetungslieder“ hier wirkliche Erneuerung und Belebung biblischer Anbetung bringen? Können
wir unseren Mangel an gesunder geistlicher Anbetung dadurch beheben, daß wir diese Lieder persönlich und in der Gemeinde verwenden, um vor Gott zu treten und Ihn zu preisen? Darüber ist seit einiger Zeit eine
ernste und schwerwiegende Auseinandersetzung entbrannt. Viele, besonders jüngere, Gläubige sind davon überzeugt, daß diese Lieder von Gott gegeben wurden, um eine ganz neue aufrichtige, spontane und ihrem
Lebensgefühl angemessene Form von Anbetung möglich zu machen. Für sie ist die Auseinandersetzung um den modernen „Lobpreis“ Ausfluß einer intoleranten, verengten Haltung der Älteren, die kein Verständnis
für die neuen, der heutigen Zeit und Kultur angemessenen Ausdrucksformen von Anbetung haben. In ihren Augen ist die Frage, welche Musik und welche Lieder wir vor Gott darbringen, eine reine Geschmacksfrage. Sie
sind überzeugt, daß Gott jede Musik geschaffen habe und gutheiße, solange sie für den richtigen Zweck eingesetzt würde. Die konservativeren Christen haben ihrer Meinung nach eine verengte, schiefe Sicht von
Gott und blockierten deshalb eine dringend fällige „Befreiung“ und „Erneuerung“ der Anbetung. Andere dagegen, vorwiegend ältere bibeltreue Gläubige, können diese Lieder nicht mitsingen und geraten in
große Not, wenn sie in den Gemeinden eingeführt werden. Für sie sind die charismatischen Lieder Ausdruck eines anderen Geistes und eines anderen Christentums. Sie spüren, daß hier mehr verändert wurde als nur
ein Stil der Anbetung. Sie empfinden, oft ohne dieses Empfinden ganz klar begründen zu können, daß mit diesen neuen Liedern etwas nicht stimmt, daß sie nicht zur Anbetung Gottes taugen. Die hier vorliegende
Broschüre möchte in dieser wichtigen und ernsten Auseinandersetzung einen Beitrag zur geistlichen Klärung und Orientierung leisten. Das kann nach Überzeugung des Verfassers nur geschehen, wenn wir die Bibel
erforschen und zu erkennen suchen, was uns die Heilige Schrift, die in allen Fragen unseres Glaubens und Lebens die allein bindende Autorität ist, zum Thema „Lobpreis und Anbetung“ zu sagen hat. Der
Verfasser hat sich mit den hier angeschnittenen Fragen über längere Zeit immer wieder auseinandergesetzt und schreibt die hier vorgelegten Zeilen als ein ehemaliger Anhänger der Charismatische Bewegung, der viele
Jahre lang selbst die charismatischen „Lobpreis“lieder mit Eifer und Überzeugung gesungen hat und einige Zeit im „Lobpreisteam“ einer charismatischen Gemeinde mitgeholfen hat, andere „in die Anbetung zu
leiten“. Möge der Herr selbst Gnade schenken, daß noch viele aufrichtige, wahrheitssuchende Christen in dieser wichtigen Frage Klarheit durch Sein Wort bekommen!
A. Die biblische Anbetung der Gemeinde
Bevor wir uns der charismatischen „Lobpreis- und Anbetungs“-Musik zuwenden, ist es wichtig, daß wir uns vor Augen
führen, wie die Anbetung Gottes durch die Gemeinde nach der Heiligen Schrift aussehen soll. Die erste Frage lautet: Was bedeutet es eigentlich nach den Aussagen der Bibel, Gott anzubeten? Anbetung ist, wie die
deutsche Bezeichnung schon andeutet, eine Art des Gebets, ein Reden des erlösten, begnadigten Gläubigen mit seinem Gott. Im Gegensatz zum Bittgebet und der Fürbitte steht dabei der ewige Gott allein und
ausschließlich im Blickfeld des Betenden. Anbetung bedeutet, Gott zu ehren und zu verherrlichen, Ihm gegenüber unsere ehrfürchtige Bewunderung und Wertschätzung auszudrücken über allem, was ER ist und was ER
für uns getan hat. Das beinhaltet auch Lob, Dank und Preis. Anbetung ist jedoch nichts Machbares, keine „Technik“, kein Ritual, sondern der geistgewirkte Ausdruck einer Herzenshaltung des Gläubigen, ein
Überfließen des Dankes und der Verehrung gegenüber dem Gott aller Gnade und Seinem Sohn. Die Grundlage aller Anbetung, so lehren es uns die hebräischen und griechischen Bezeichnungen, ist die ehrfürchtige,
bedingungslose und ganze Unterwerfung unter Gottes Majestät, Herrlichkeit und Gnade, die in der körperlichen Geste des Niederfallens vor Gott zum Ausdruck kommt. Das griechische Wort für „Anbeten“, proskyneo,
bedeutet das Niederfallen eines Menschen auf sein Angesicht vor einem Höhergestellten, wobei manchmal auch der Boden oder die Füße des anderen geküsst wurden. Auch das hebräische Wort für „Anbetung“
enthält diese Bedeutung des Sich-Vor-Jemand-Niederwerfens. Darin ist sowohl Demütigung und Ehrfurcht als auch Ergebung und Hingabe an den ausgedrückt, den man durch das Niederfallen als Herrn seines Lebens
anerkennt. Wenn wir Gott also im biblischen Sinne anbeten, dann bedeutet das, ihn aus einer Herzenshaltung der Ehrfurcht, Unterwerfung und Hingabe heraus durch unsere einsichtigen, geistgeleiteten Worte ehren und
zum Ausdruck bringen, wie groß und herrlich Er in Seiner Liebe, Gnade und Majestät ist, und wie herrlich das ist, was Er an uns getan hat.
Durch Christus haben also alle Gläubigen der Gemeinde Gottes das große, wunderbare Vorrecht, Gott als ihren Vater im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Der Herr Jesus zeigt uns in Joh 4,23-24, daß solche
Anbetung der Wille Gottes für alle wiedergeborenen Kinder Gottes ist: „Aber die Stunde kommt und ist schon da, wo die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater
sucht solche Anbeter. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Die Anbetung der neutestamentlichen Gemeinde beruht auf dem Erlösungswerk des Herrn Jesus
Christus; sie geschieht durch Christus, den himmlischen Hohenpriester, und unter der Leitung des Heiligen Geistes. Alles an dieser Anbetung ist, von Gott her gesehen, vollkommen und wohlgefällig. Weil unser Herr
Jesus Christus der vollkommene Hohepriester in Ewigkeit ist, sind auch wir, die Ihm gehören, gewürdigt, zum Priesterdienst berufen zu werden: „Da ihr zu ihm gekommen seid, zu dem lebendigen Stein, der von
den Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt und kostbar ist, so laßt auch ihr euch nun als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, als ein heiliges Priestertum, um geistliche Opfer
darzubringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.“ (1Pt 2,4-5; vgl. 2,9-10). Mit diesen geistlichen Opfern ist in erster Linie Anbetung, Lob und Dank gemeint:
„Durch ihn laßt uns nun Gott beständig ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Hebr 13,15). Auch durch dieses dargebrachte Gotteslob
verkündigen wir die Tugenden dessen, der uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat (1Pt. 2,9)
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